4. Juni 2019 Diskussion/Vortrag Deutsche Kriegsverbrechen in Griechenland und Albanien

Veranstaltung u.a. mit Dr. Efsthatios Chaitidis & Pandora Ndoni

Information

Veranstaltungsort

DGB-Haus
Schwanthalerstr. 64
80336 München

Zeit

04.06.2019, 19:00 - 22:00 Uhr

Themenbereiche

Erinnerungspolitik / Antifaschismus

Zugeordnete Dateien

Die Kriegsverbrechen der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division in Griechenland - Die Massaker der 1. Gebirgsdivision in Albanien und im Epirus - Entschädigung der NS-Opfer - Bestrafung der NS-Täter

Veranstaltung mit:
Dr. Efsthatios Chaitidis, Überlebender des Massakers von Pýrgoi
Aristomenis Syngelakis (Athen/Viannos), Nationalrat für die Entschädigungsforderungen Griechenlands gegenüber Deutschland
Pandora Ndoni (Borovë/Albanien), Überlebende des Gebirgsjäger-Massakers in Albanien
Ralph Klein, (Witten), Historiker

2019 jähren sich die NS-Kriegsverbrechen in Distomo, Pýrgoi und Klissoura zum 75. Mal. Am bekanntesten in Deutschland ist das Massaker in Distomo. Am 10. Juni 1944 ermordeten Polizeisoldaten der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division 218 BewohnerInnen des Dorfes Distomo in Mittelgriechenland. Zu den Opfern zählten vor allem alte Menschen, Frauen, 34 Kinder im Alter von einem bis zehn Jahren und vier Säuglinge im Alter von zwei bis sechs Monaten. Das Dorf wurde niedergebrannt.

Fast unbekannt in Deutschland ist, dass die SS-Polizeidivision während ihres Einsatzes in Griechenland weitere brutale Massaker beging. In Klissoura metzelten sie am 5. April 1944 wahllos weit über 200 Menschen nieder, überwiegend Frauen und kleine Kinder. Vom 22. bis zum 26. April 1944 brachte dieselbe Einheit in Pýrgoi 335 Männer, Frauen, Säuglinge, Kinder und ältere Menschen um. Das Dorf wurde ausgeplündert und vollständig niedergebrannt. Keiner der Täter wurde bisher zur Verantwortung gezogen. Ebenso weigert sich die deutsche Bundesregierung bis heute der Forderung nach Entschädigungszahlungen nachzukommen.

Es ist uns eine große Ehre, dass Dr. Efsthatios Chaitidis, Überlebender des Massakers von Pýrgoi, auf unserer Veranstaltung sprechen wird. Efstathios Chaitidis verlor seine Mutter und seine vier Geschwister in der schon geschilderten „Säuberungsaktion“ der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division. Er selbst und sein Vater retteten sich in die umliegenden Berge, wo sie sich tagelang versteckt hielten. Als sein Vater wenige Jahre nach Kriegsende vom griechischen Staat als vermeintlich Linker zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, blieb er als Vollwaise zurück. Dem Stigma als „Kind eines Linken“ ausgeliefert, blieben ihm in Griechenland der 50er Jahre kaum Möglichkeiten, sein Leben frei zu gestalten. Höhere Bildung und Arbeitsmöglichkeiten wurden ihm verwehrt, sodass er schließlich auswanderte. Nach Deutschland. Dem ausdrücklichen Wunsch seines Vaters folgend, das Kind solle studieren, legte er nun in Deutschland all seine Anstrengungen in die Verwirklichung dieses Wunsches und wurde Zahnarzt. Den  politischen Widerstand gegen die Militärjunta der 60er Jahre in Griechenland bezahlte er mit dem Verlust des griechischen Passes. Deutschland gewährte ihm Asyl.

Genauso erfreut sind wir, dass Pandora Ndoni, die mit sieben Jahren das Massaker der Gebirgsjäger in ihrem Heimatdorf Borovë/Albanien überlebt hat, unsere Einladung nach Deutschland angenommen hat. Am 6. Juli 1943 zerstörten Angehörige der 1. Gebirgs-Division auf ihrem Weg nach Nordgriechenland das Dorf Borovë im Süden Albaniens vollständig und töteten 107 Menschen. Soweit wir wissen, ist Pandora Ndonis Besuch der erste Auftritt einer albanischen Überlebenden eines Gebirgsjäger-Massakers in Deutschland. Auch über die ausstehenden Entschädigungszahlungen für Albanien wurde noch nicht öffentlich gesprochen.

Der dritte Gast, Aristomenis Syngelakis aus dem Märtyrerort Viannos auf Kreta, kämpft seit vielen Jahren zusammen mit seinen Mitstreitern aus dem "Nationalrat", aus den griechischen Partisanenverbänden und aus dem Märtyrerorten für eine gerechte Lösung in der Entschädigungsfrage. Der "Nationalrat für die Entschädigungsforderungen Griechenlands gegenüber Deutschland" ist ein Zusammenschluss von griechischen Widerstandsverbänden und Opfergemeinden.

Zu den Initiatoren der Veranstaltung:
Der AK Angreifbare Traditionspflege organisiert seit 2002 Protestaktionen gegen das Gebirgsjäger-Veteranen-Treffen in Mittenwald und bemüht sich, durch historische Recherchen NS-Täter zur Verantwortung zu ziehen. Seit über 18 Jahren unterstützt der AK Distomo die Überlebenden aus Distomo und anderen Opfergemeinden bei ihrem Versuch, Entschädigungszahlungen durchzusetzen.

Veranstalter: AK Angreifbare Traditionspflege in Kooperation mit der DGB-Jugend München, mit dem Kurt Eisner Verein/Rosa-Luxemburg-Stiftung Bayern, mit der VVN-BdA München und dem AK Distomo

Standort

Kontakt

Dr. Julia Killet

Regionalbüroleiterin Bayern, Rosa-Luxemburg-Stiftung Bayern / Kurt-Eisner-Verein

Telefon: +49 89 51996353