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Der Kampf um Linux in München

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Markus Euskirchen,

Die Stadt München begann 2003 damit, ihre Verwaltungssoftware von Microsoft auf Open-Source-Software umzustellen, vollendete diese Umstellung 2013 und beschloss Ende 2017, wieder zu Microsoft zurückzukehren. Die Umstellung der Verwaltung einer westeuropäischen Großstadt von Microsoft auf Linux war das größte Open-Source-Projekt der öffentlichen Hand in Europa.

Open-Source- oder Freie Software wird von einigen ganz bewusst genutzt, den allermeisten aber – auch innerhalb der Linken – erscheint sie nach wie vor als Feld von Technik-Geeks, freakigen Programmierer_innen, bestenfalls Pirat_innen. Dabei ist zum Beispiel Linux – ein Betriebssystem auf Open-Source-Basis – im Jahr 2016 so weit verbreitet, dass es praktisch jede und jeder nutzt, privat wie beruflich, wie das Fachmagazin c’t. Magazin für Computer und Technik anlässlich des 25. Geburtstags von Linux hervorhob.

Dementsprechend ist das Projekt «Linux in München» auch keine Eintagsfliege. Vielmehr liegen technopolitisch Aufgeklärte seit mehr als 15 Jahren im Stellungskrieg mit den Vertreter_innen des Großkonzerns Microsoft aus Redmond. Als Verfechter_innen des Prinzips «Freie Software» und damit der digitalen Allmende stehen sie den Vertreter_innen des exklusiven und auf Profitmaximierung orientierten digitalen Kapitalismus gegenüber. Für beide Lager stellt die Softwareausstattung Münchens das Symbol für die je eigene Überlegenheit dar. Vordergründig geht es beiden um das Gemeinwohl: Billiger, besser, kompatibler und sicherer soll die Software sein. Im Grunde dreht sich dieser ungleiche Kampf aber um die Privatisierung von immaterieller Verwaltungsinfrastruktur und von Verwaltungswissen, denn Microsoft und Linux sind keine ebenbürtigen Konkurrenten. Es handelt sich um Systeme aus zwei völlig unterschiedlichen Welten hinsichtlich der Art und Weise der Produktion der Software. Am Beispiel München lässt sich zeigen, was hier verhandelt wird, wenn es um Software-Ausstattung öffentlicher Einrichtungen geht und wie weitreichend die Konsequenzen dessen sind.

Inhalt
  • Unboxing Open Source
  • Die Geschichte von GNU/Linux: Freie Software für alle
    • Hippies und Großrechner
    • Der PC als technologischer Ausdruck der neoliberalen Reaktion
    • GNU/Linux, die Anomalie im Regime des geistigen Eigentums
  • Anlass und Beweggründe für den Umstieg auf ein Linux-basiertes System
    • Infrastruktur-Souveränität: Lock-in vermeiden
    • Stabilität und Sicherheit
  • Benutzerfreundlichkeit und Kompatibilität: Schwachstellen des Systemwechsels in München
    • Benutzerbefindlichkeiten
    • Strategische und taktische Probleme
    • Der Diskurs: LiMux als Sündenbock für allgemeines Verwaltungsknirschen
  • Was tun? Wie helfen?
    • Menüerweiterung!
    • Positive Effekte sichtbar machen und einrechnen
    • Digitale Verwaltungspraxis verallgemeinern, nicht privatisieren
  • Fazit