Nachricht | Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Staat / Demokratie - Politische Weiterbildung Der Haushalt - Ein Buch mit sieben Siegeln?

Projektbericht

Information

Autorin

Julia Killet,

 

Der „Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik“, erklärt Heiko Hilker. Der Referent tourt derzeit durch Deutschland um linken Stadträtinnen Tipps und Tricks für die Haushaltsberatungen zu geben. Hilker blickt auf eine langjährige Erfahrung zurück: 15 Jahre war er Abgeordneter im Sächsischen Landtag, zehn Jahre Vorsitzender der Döbelner Kreistagsfraktion. In seiner Landtagsfraktion erarbeitete er federführend einen „Alternativen Haushalt“, der zeigte, wie Geld entsprechend der eigenen politischen Prioritäten umverteilt werden kann. Als Medienpolitiker entwickelte er auch neue Ideen für die öffentliche Vermarktung des Haushaltes.

Auf Haushaltsdebatten haben nur wenige Politiker Lust. Denn um qualifiziert mitreden zu können, sind bis zu 1000 Seiten starke Haushaltspläne zu studieren, die aus Zahlenkolonnen, Tabellen und Erklärungen bestehen. Diese dicken Haushaltsbücher kann man jedoch nicht wie literarische Wälzer lesen. Das Haushalt-Lesen will gelernt sein. Dabei geht es nicht nur darum, dass die laut Gemeindeordnung vorgegebenen Formalia eingehalten werden. „Am Haushalt kann man erkennen, welche Politik in der Stadt gemacht wird“, erklärt Hilker. Außerdem können Fraktionen zeigen, welche politischen Ziele sie in der Kommune verfolgen. In seinem Praxisworkshop für Stadträt_innen und weitere kommunalpolitisch Interessierte, vermittelt Hilker wie eigene Alternativen in den Haushaltszahlen deutlich und öffentlich gemacht werden können.

Es gehe darum, die Haushaltsdebatten transparent zu gestalten und schon in den Ausschüssen sowie im Stadtrat mit eigenen Ideen aufzutreten. Manchmal versuchen Bürgermeister_innen, dem Ganzen ein einiges Zeitkorsett zu geben. Qualifizierte Mitsprache wie auch Diskussion sind so kaum möglich. Es will gelernt sein auch die Geschäfts- bzw. Gemeindeordnung für sein Interesse zu nutzen. „Wichtig ist es, Fragen zu stellen. Schließlich muss sich ja die/der Bürgermeister_in etwas dabei gedacht haben, wenn Mittel aufgestockt oder gekürzt werden“, so Hilker. Durch Fragen erfahre man oftmals mehr als in Diskussionen.

Interesse für eine kritische Haushaltsberatung zeigten die Stadträt_innen aus Ingolstadt, Schweinfurt und Würzburg, die von der Rosa Luxemburg Stiftung Bayern eingeladen wurden. Heiko Hilker hatte deren Haushaltspläne vorab durchgearbeitet. Diese lagen mit vielen gelben Klebezetteln versehen auf dem Tisch. So vermittelte Heiko Hilker an konkreten Beispielen Unterschiede im Herangehen der einzelnen Städte, verwies auf Unterschiede und neue Tendenzen wie auch fehlerhafte Darstellungen. Für die Teilnehmer war es ein erster, wichtiger Schritt. Sie gingen von diesem Workshop mit der Antwort auf die Frage, wie sie in der Haushalts-Debatte alternativ agieren können sowie mit vielen konkreten Fragen an ihreN Bürgermeister_in zum Haushalt.