Die aktuellen Verflechtungen und historischen Entstehungsbedingungen von Krisendynamiken und gesellschaftlichen Transformationsprozessen durchziehen als roter Faden die Beiträge des vorliegenden Jahrbuches auf verschiedenen Ebenen. Krise und Transformation sind Begriffe, die derzeit ständig zu kreisen scheinen: Krise der…, Krise des…, Krise von…, Krise durch... Wer kriegt da nicht die Krise? Wirken die zahlreichen Krisendiskurse mittlerweile nicht auch abstumpfend? Je mehr von Krise die Rede ist, desto weniger scheint klar zu sein, welche historischen Bedingungen, strukturelle Ursachen, politische, ökonomische, kulturelle und psychosoziale Wechselwirkungen hinter dem stehen, was unter den Schlagwörtern Krise und Transformation erlebt wird. Und doch sind es mehr als soziologische oder mediale Diskurshülsen, mehr als Modeworte. Krise ist zum einen bekanntlich kapitalistischer »Normalzustand «. Zum anderen weisen die verdichteten Krisenkonstellationen und ihr aktuelles geballtes Eskalieren über diesen »Normalzustand« hinaus. Sie scheinen Ausdruck sowie Motor grundlegender struktureller Wandlungsprozesse zu sein. Dabei sind die aktuellen krisenförmigen Transformationen fest im Alltag verankert. Sie sind auch in spezifischen innerpsychischen Subjektstrukturen und kollektiven psychosozialen Dynamiken vorzufinden. Sie drücken sich in bestimmten Affekten, Denk- und Handlungsweisen aus. Das, wofür sie stehen, ist auf der Arbeit, auf Schulhöfen, im Familien- und Freundschaftsleben, im digitalen Netz, in den Geschlechterverhältnissen, beim Sex und bei der Liebe ebenso präsent wie in der politischen Kultur und in künstlerischen Szenen, im Ökosystem, in Machtdynamiken und in wissenschaftlichen (Nicht-)Thematisierungen.
(Aus der Einleitung des Herausgeber_innenkollektivs)
Inhalt
Einleitung: Krise und Transformation
ZUSAMMENFASSUNGEN
ERKENNTNISTHEORIE UND METHODIK
- Sebastian Schönemann: Vom Gruppenexperiment zur dokumentarischen Methode. Geschichte und Bedeutungswandel des Gruppendiskussionsverfahrens
- Svenja Bromberg: Theorising Politics and Ideology «After» Marx
ARBEIT
- Nelli Tügel: Vom wilden Streik zur «Menschenwürde». Die Debatte um «Arbeit» und «Würde» im Zusammenhang mit dem Stora Gruvstrejken in Schweden 1969/70
- Anna Lucia Jocham: Klassenbewusste Solidarität mit Arbeitslosen? Die biografische Kontextualisierung sozialer Einstellungen gegenüber arbeitslosen Menschen
POLITISCHE ÖKONOMIE
- Stephanie Bremerich: Berufsjugend in der Krise. Armut und Abweichung in Joachim Lottmanns Roman Der Geldkomplex
- Timm Benjamin Schützhofer: Keine Petrodollars, kein Wachstum, kein Handlungsspielraum? Herausforderungen für Ecuadors Fiskalpolitik am Beispiel der Erbschaftssteuer
TRANSFORMATION VON STAATLICHKEIT
- Martin Schröder: «Colonicemos con el Indio». Die Anfänge staatlicher Indigenen-Politik in Venezuela und die Comisión Indigenista Nacional
- Anika Baunack: Die moralische Nation. Zur Aktualisierung des deutschen Nationaldiskurses im europäischen Kontext
- Anna Kern: Konjunkturen von (Un-)Sicherheit. Materialistische Begriffsarbeit zur Sicherheitspolitik
KÖRPER – MACHT – IDENTITÄT – GENDER
- Sandra Beyer: Von Heldenmüttern zu Staatsbürgerinnen. Die erste japanische Frauenbewegung (1919-1941) und ihre Wege in den Faschismus
- Kai Linke: Glossing over the Racist Bits. Alison Bechdel’s Dykes To Watch Out For as a Post-Racial Vision of Lesbian Community
- Lea-Sophie Schiel: Das Theater des Obszönen. Oder: das Lust-Wissen von Live-Sex-Shows
NACHWORT
- Marcus Hawel: Concerning patriotism and universalism in the humanities and culture in Germany and Europe
AUTOR_INNEN & HERAUSGEBER_INNEN
VERÖFFENTLICHTE DISSERTATIONEN VON STIPENDIAT_INNEN
AUS DEN JAHREN 2014-2015
REGISTER «WORK IN PROGRESS»
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