Staatlicher und publizistischer Umgang mit der Stadtguerillabewegung in der BRD

Erarbeitet im Fach „Politische Weltkunde“ als „besondere Lernleistung“ an der Fichtenberg Oberschule 8 (Gym.) in Berlin Steglitz. Heft Nr. 6, 52 Seiten, DIN A5. Von Isabel Erdem.

Erarbeitet im Fach »Politische Weltkunde« als »besondere Lernleistung« an der Fichtenberg Oberschule 8 (Gym.) in Berlin Steglitz.
Von Isabel Erdem.

Neue Kritik aus Schule und Hochschule • Heft Nr. 6 • Februar 2004 Mit der Reihe Neue Kritik aus Schule und Hochschule bietet der Kurt-Eisner-Verein für politische Bildung in Bayern e.V. eine Möglichkeit,Arbeiten zu veröffentlichen, die im Zusammenhang der Schul-, Studien- oder Berufsausbildung, in der Gewerkschaftsjugend oder einem selbstorganisierten Arbeitskreis entstanden sind. Die bearbeiteten Themen sollten allgemein interessante Probleme behandeln, die im weiten Sinn politische Relevanz besitzen. Mit der Veröffentlichung in dieser Reihe erhalten die Autorinnen und Autoren die Chance, ihre oft aufwendig recherchierten Positionen einem breiteren Kreis vorzulegen. Für die Leserinnen und Leser werden kritische Anstrengungen, die sich für emanzipative Ziele einsetzen, nutzbar gemacht. So verschwinden Arbeiten nicht einfach in der Schublade, sondern erfahren die Kritik und Würdigung von Interessierten, die im Ausbildungsbetrieb leider nicht immer selbstverständlich ist.
 

Vorwort:

„Holger, der Kampf geht weiter!“, „RAF dich auf!“, „Ulrike lebt“ und „Freiheit für alle politischen Gefangenen!“. Inschriften wie diese auf abbröckelnden Fassaden zeugen von einer vergangenen und vergessenen Zeit. Kaum einer der jüngeren Generation verbindet mit den siebziger Jahren mehr als die neue Ostpolitik der Entspannung und die Reformen der sozialliberalen Koalition. Hat man den Namen „RAF“ schon einmal gehört, dann meistens nur im Zusammenhang mit Terrorismus. Es gibt kaum eine Zeit, über die man in der Schule weniger erfährt, als über die Jahre der Terroristenhysterie, die nach den Jahren der Studentenbewegung über die Bundesrepublik hereinbrach und des Volkszorns gegen eine Gruppe, die nach dem Vorbild der lateinamerikanischen Stadtguerilla versuchte, gesellschaftliche Veränderungen mit Waffengewalt herbeizuführen. Auch die in der deutschen Geschichte seit 1945 einzigartigen Praktiken in der „Verbrechensfahndung“ und im Strafvollzug sind weitgehend unbekannt. Wir sind gut informiert über die NS-Zeit und fassungslos fragen wir unsere Eltern und Lehrer nach ihrem völligen Fehlen im Schulunterricht der fünfziger und sechziger Jahre. Auch das „Wirtschaftswunder“ sagt uns etwas und durch unsere älteren Lehrer erfahren wir meist sogar viel über die Studentenbewegung am Ende der sechziger Jahre. Dann folgt ein bisschen Brandt und – schwups – die „Wiedervereinigung“. Doch was ist der Grund für dieses Schweigen unserer Lehrer, Eltern und Verwandten über Ereignisse, die sie alle miterlebt haben und deren Spuren bis heute vorhanden sind? Was geschah in diesen Jahren, über das man besser nichts weiß, weil es unseren Rechtsstaat in einem anderen Licht erscheinen lassen würde? Hat der Staat auf die Bedrohung durch die Stadtguerilla verhältnismäßig reagiert? Und wie verhielt sich die „freie“ Presse? Die vorliegende Arbeit soll durch das kritische Aufzeigen der Presseberichterstattung und der Polizei- und Justizmethoden dieser Jahre den Blick schärfen für diese neueren Schattenseiten der deutschen Geschichte. Es ist jedoch nicht ihre Aufgabe, näher auf die Gewalttaten der Stadtguerilla einzugehen, als nötig ist, um die staatlichen Reaktionen beurteilen zu können. Die Arbeit erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.